Auszüge aus der Eröffnungsrede vom Kurator der Ausstellung, dem Music Experten und Kunstkurator Siegbert Metelko:
…„Diese Ausstellung ist weder Ergebnis der genießerischen Willkür der Berufsästheten, noch beeinflusst von einem Händler oder Galeristen. Erstmals zeigt eine Music Ausstellung die Sicht von 21 europäischen Sammlern auf das Werk von Zoran Music nach dem Motto „wir zeigen das Beste aus unseren Sammlungen“…
…“Neu ist auch, dass der Künstler selbst durch persönliche Anmerkungen und Aussagen zu einzelnen Werken und Werkgruppen zitiert wird“…
…„Wer das Werk von Zoran Music verstehen will, muss sich auch mit der Frage beschäftigen – woher kommt Zoran Music ? ….. Welchen Einfluss hatte seine Geburt im schicksalshaften Raum, den wir Mitteleuropa nennen?“…
…“Es geht eine Faszination von diesem Werk aus, um das man sich anstrengen muss. Wer sich nicht auf die Persönlichkeit des Meisters und seiner Geschichte einlässt, der wird keinen Zugang in seine Welt finden…“
…„Der Geburtsort Görz gehörte damals noch zu österreichisch – ungarischen Monarchie. Man sprach slowenisch, deutsch und italienisch.
Um eine Vorstellung von dem mythisch-historischen Begriff Mitteleuropa zu geben, werfen wir einen Blick eben auf die Stadt Görz/Gorizia/Gorica. Es ist eine weder ethnisch noch historisch definierbare Stadt: Metropole einst einer Grafschaft, zu welcher sowohl der gesegnete Collio gehörte, als auch die Täler des heutigen Osttirol. Görz grenzte an die Republik Venedig, war mit der Lagunenstadt kulturell innig verbunden, politisch aber verfeindet. Auf der einen Seite das Haus Österreich, Erbe der Görzer Grafen, auf der anderen die Venezianer in ihrer sternförmig angelegten Festung Palmanova. Durch die gemischte italienisch-friulanisch-slawische Bevölkerung, ist er zum Maler jenes mythischen Kontinents geworden, den wir Mitteleuropa nennen. Die Motive des Kunstgebietes des Veneto und Dalmatiens und die Ästhetik der byzantinischen Tradition dieser Ostgebiete bildeten die Basis seiner Kunst. Und letztlich das Schicksal, das man in ein einziges Wort fassen kann. DACHAU.“
…„Music malt ein Requiem auf die menschliche Zivilisation, ob im heiteren Paris, ob im Karst oder auf seiner Altane in Venedig“…
…“Music war eine Respekt gebietende Gestalt, nichts konnte ihn mehr erschüttern: er hatte dem Tod über Monate täglich ins Auge geschaut.
Music gewährte dem Sterben und dem Tod Einlass ins Bild. Die große Nähe des Todes—Music hat sie erlebt, nicht im provozierenden Kitzel des Russischen Roulettes, der den Tod als kalkulierbares Risiko zum Gesellschaftsspiel macht, sondern in existenzieller Erfahrung. Um genauer zu sein, er hatte tausenden Leichen in die Augen geschaut, die da wie Brennholz zu Hügeln aufgestapelt vor dem Krematorium des Konzentrationslagers Dachau im Schnee lagen. War ein Stapel verbrannt, kam die nächste Lieferung. Music zeichnete diese Leichenhügel, insgeheim, wenn er ein Blatt Papier auftreiben konnte…“
Zoran Music überlebte.
Als er nach Venedig zurückkehrte schrieb er im Katalog der Galerie Naviglio:
„Endlich das große Licht, endlich die Sonne, unendlicher Himmel bis zum niedrigen Horizont der Lagune, all das gehört mir, hier kann ich frei atmen… Ist es wirklich wahr, dass niemand mich überwacht? Ist es Wirklichkeit, dass es mir freisteht, zu malen?“
…“Aus wenigen Sätzen spricht das Glück eines Menschen, der in einer Welt jenseits aller Vorstellungen gelebt hat, in einer Welt, wo der TOD „normal“, wo das Grauen Alltag war“…
Fortan betrachtete Music die Natur unter diesem Aspekt. Die lieblichen Hügel der Toskana erschienen ihm wie notdürftig kaschierte Leichenhügel, Skeletthaufen. Und immer wieder drängte sich ihm der stumme Schrei aus den offenen Mündern der Toten auf: „Wir sind nicht die Letzten, non siamo gli ultimi…“ Der Künstler wird bis zu seinem eigenen Tod nie aufhören, diesen Schrei in seinen Bildern immer aufs Neue zu artikulieren…
…Noch Jahrzehnte nach den real geschauten Schreckensbildern haben die Nachtgesichte der tödlichen Verfinsterung den Maler wieder eingeholt.
Und dennoch, Zoran Music ruhte unerschütterlich in sich selbst. Woher bezog er seine Seelenstärke, habe ich mich oft gefragt. Vielleicht war er stark geworden, weil er in seinem Leben viele Tode gesehen hat und daher innerlich im Voraus viele Tode gestorben ist. Vielleicht erging es ihm ähnlich wie Dostojewski, der als revolutionär inspirierter junger Dichter verhaftet worden war und, in Totenkleider gehüllt an einen Pfosten gefesselt vor einem Exekutionskommando stand. Eine Scheinhinrichtung. Dann wurde ihm die Begnadigung vorgelesen und das Urteil: Verbannung nach Sibirien. Unter diesem Eindruck wurde er zum Propheten unter den russischen Dichtern… Zoran Music wurde zu Propheten Mitteleuropas……
Galerist Willi Magnet bei der Eröffnung der Zoran Music Ausstellung in der Stadtgalerie Klagenfurt: Über Zoran Music, Unterkärnten und Peter Handke. (Aus der Eröffnungsrede)
Mein Interesse an Zoran Music, einem außergewöhnlichen Künstler und besonderen Menschen, hat sich in den letzten 15 Jahren mehr und mehr vertieft. Der „Bazillus-Music“ hat sich in mir festgesetzt und dies weit über meine Kunsthändlertätigkeit hinaus.
Dabei sind Besonderheiten in der Biographie von Music festzuhalten: Seine Familie verschlug es für 1 Jahr und mehrere Monate nach Unterkärnten, im speziellen nach Griffen und ihn selbst auch nach Völkermarkt. Nach dem Ende des ersten Weltkriegs (sein Vater Anton Music diente als Soldat auf Seiten der K.u.K. Armee) zogen Vater und Mutter Music, Zoran und auch sein jüngerer Bruder Ljuban nach Unterkärnten, wo sein Vater in der Volksschule Griffen unterrichtete.
Die alte Volksschule, direkt unter dem Schlossberg, war auch gleichzeitig die Wohnung der kleinen Familie. Man richtete sich dort für einen längeren Zeitraum häuslich ein. Sie lebten in einem damals von jugoslawischen Truppen besetzten Gebiet. Jugoslawien wollte Südkärnten seinem neuen Staat einverleiben. Anton Music war offensichtlich von der SHS Verwaltung als Lehrer in diesen Unterkärntner Raum berufen worden.
Zoran selbst, gerade 10 Jahre alt, hatte die Volksschule hinter sich und wechselte in eine weiterführende Schule nach Völkermarkt wo er in St. Ruprecht im Konvent der Schulschwestern, wie in einem Internat lebte, um dort die Schule zu besuchen.
Im Herbst 1989 ging Music auf Spurensuche zurück in seine Kindheit und machte bei einem Besuch in Völkermarkt vor den Schulschwestern die Bemerkung, hier sei er zur Schule gegangen.
1920 verließ die Familie Music Griffen, um in Marburg/Maribor bis zum Jahr 1923 zu leben. Offensichtlich schlug das nationale Pendel nun in die andere Richtung, denn sie waren nach der Kärntner Volksabstimmung und dem Verbleib Südkärntens bei Österreich, manchen Anfeindungen ausgesetzt.
Ab den 1980er Jahren war auch Peter Handke, selbst geborener Griffner, auf Zoran Music und diese besonderen Gemeinsamkeiten gestoßen. Darauf folgte bald Handkes Besuch im Atelier in Venedig und daraufhin entstand der Aufsatz „Vier Anmerkungen zu Zoran Music und seinen Bildern“ den wir im Mai 2019 in unserem Buch „Zoran Music – Faszination der Malerei“ nach 25 Jahren wieder veröffentlichten und gleichzeitig auch wie alle drei anderen Textbeiträge ins Slowenische, Italienische und Englische übersetzten.
Aktuelle Pressemeldungen:
Virtueller Rundgang: Ausstellung „Faszination der Malerei“ – ZORAN MUSIC, Stadtgalerie Klagenfurt
KLEINE ZEITUNG, 28.01.2020
KRONEN ZEITUNG, 24.01.2020
Dnevnik (SLO), 14.02.2020
Il Piccolo Libri, 8.02.2020